De Thomas Vogel
Dies ist der letzte Jahresbericht von Thomas Vogel, der während zehn Jahren das Präsidium des Netzwerks Medicus Mundi Schweiz innehatte. Zum Abschluss ein paar grundsätzliche Überlegungen.
Eine volle Umkreisung der Sonne nennt sich im Französischen auch „une révoluation“ – eine Umdrehung. Die Erde hat die Sonne seit der Gründung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) siebzig Mal umrundet. Vierzig Jahre sind vergangen seit dem mit der Konferenz von Alma Ata Gesundheit für alle zu einem zentralen Engagement der WHO geworden ist. Trotz Fortschritten auf verschiedensten Ebenen hat keine Umdrehung die weltweite gesundheitliche Ungleichheit umgestossen.
Der Bedürfnisse der mittellosesten Bevölkerungen sind noch immer so krass, dass wir trotz unserer solidarischen Werten und unserem Mitgefühl unsere Ziele immer neu formulieren, unsere Perspektiven neu definieren und noch zahlreicher unsere Engagement gewinnen müssen.
Im Netzwerk Medicus Mundi kultivieren wir die Hoffnung, dass wir uns zu einer Welt entwickeln können, in welcher der Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle erreicht werden kann. Wir teilen den Wunsch nach soziale Gerechtigkeit durch das Engagement für die Gesundheit der am meisten Zurückgebliebenen. Dies steht seit beinahe 50 Jahren im Zentrum unserer Arbeit. Wir tragen dazu bei, dass die Zugangsschranken abgebaut werden; wir setzen uns für das Recht auf Gesundheit ein. Doch kaum haben wir einige Fortschritte erreicht, treten schon die nächsten Herausforderungen hervor.
Heute aber, mit der vorhandenen Technologie, den finanziellen Mitteln, den politischen Versprechungen und den Erwartungen der Bevölkerungen müssten wir uns in aller Breite für eine Zukunft engagieren, wo Krankheit nicht mehr als Synonym für Verarmung oder soziale Isolierung steht. Doch geschieht dies tatsächlich? Der technologische Fortschritt hat sich weltweit verbreitet, die Indikatoren zeigen uns offenkundige Fortschritte, doch der Rand der Menschheit leidet nach wie vor darunter, zurückgelassen zu werden. Gesundheit ist nicht einfach das Nichtvorhandensein von Krankheit.
Mit den vergangenen Jahren im Rücken und dem Austausch mit verschiedensten GesprächspartnerInnen aus den verschiedensten Kulturen und Positionen realisiere ich, dass es eine starke Überzeugung und vielleicht auch eine gewisse Unaufgeregtheit braucht, um bei einer einfachen Losung zu bleiben: Alle würden in einer Welt gewinnen, in der es denjenigen, „die gut dran sind, es besser ginge, wenn es denjenigen, welche schlechter dran sind, es auch besser ginge.“ Ein schrecklich einfacher Gedanken, der so selten verstanden wird.
Um diese Botschaft zu verbreiten, muss das Netzwerk MMS seine weitere Konsolidierung und Weiterentwicklung anstreben. MMS ist mit Sicherheit einer der besten Hebel, um das Engagement der Schweiz für das Ideal der Gesundheit für alle zu konkretisieren – als Ausdruck einer globalen Solidarität und im vernünftigen Verständnis der Herausforderungen, vor welcher die menschliche Entwicklung steht.
Die Entwicklung des Kontexte, des Profils der AkteurInnen und der politischen Kräfte verlangt aber auch eine Erneuerung der Ideen und eine periodische Anpassung der Perspektiven. Das haben die MMS Mitgliedsorganisationen verstanden und viele unter ihnen engagieren sich sehr aktiv in der Planung und der Umsetzung der Netzwerkaktivitäten. Diese erfreuliche Dynamik hat mich zur Überzeugung gebracht, dass es nun der richtige Zeitpunkt ist, um das Präsidium des Vorstandes unserer Organisation nach einem Jahrzehnt in dieser Funktion weiterzugeben.
Die vergangenen zehn Jahre waren voller Herausforderungen, Wendungen, Erfüllungen und auch Erfolge. Ich bin überzeugt, dass unser Netzwerk heute gefestigt ist und dass es dazu beiträgt, dass die Gesundheit eine der starken Achsen der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz ist. Und ich habe auch das Vertrauen in die Fähigkeiten von Medicus Mundi, seine Aufgaben zu erfüllen.
Es ist Zeit für mich den Stab weiter zu geben und alle die, die es wollen, einzuladen sich für weitere Umdrehungen zu engagieren.