Digitale Stolpersteine auf dem Weg zur Gesundheit für alle

Photo by Lukas Blazek on Unsplash

 

MMS führte in der ersten Jahreshälfte 2020 eine Umfrage durch, um die Nutzung digitaler Technologien innerhalb des Netzwerkes zu analysieren (MMS, 2020). Nun liegen die Ergebnisse in einem Bericht „Mapping Digital Technologies in Health Used by MMS Members“ vor. Die Umfrage wurde in zwei Teilen durchgeführt, beginnend mit einer Online-Umfrage und gefolgt von einem Telefoninterview. Von 47 kontaktierten Organisationen antworteten 20, von welchen 13 im Bereich der digitalen Gesundheit tätig sind. Diese Umfrage zeigt ein nicht ganz repräsentatives Bild der Nutzung digitaler Gesundheitsinterventionen innerhalb des MMS-Netzwerkes, jedoch sehen wir, wo die Hälfte der Mitglieder steht und welchen Herausforderungen sie sich stellen müssen.

Die Nutzung der digitalen Gesundheit ist noch "im Entstehen"

Der Grad der Nutzung digitaler Technologien variiert zwischen gar keinem Engagement über „ein wenig“ bis zu „nur digital“. Um die universelle Gesundheitsversorgung (UHC) als Teil der Agenda 2030 umzusetzen, bräuchte es in der internationalen Gesundheitszusammenarbeit allerdings ein insgesamt stärkeres Engagement. Denn digitale Technologien sind ein zentrales Element, um UHC zu erreichen, wie die dritte globale Umfrage zur eGesundheit unter den WHO-Mitgliedsstaaten gezeigt hat (WHO, 2016; Broadband Commission, 2018). Die Umfrage bei den MMS Mitgliedern verdeutlicht, weshalb die internationale Gesundheitszusammenarbeit noch hinterherhinkt: Finanzierung, Datenschutz, mangelnde Policyunterstützung innerhalb des Partnerlandes oder ethische Fragestellung, stellen Hindernisse und Herausforderungen dar.

Wissen über digitale Technologien ist innerhalb des Netzwerks vorhanden.

Die Umfrage und die Telefoninterviews zeigten, dass Wissen und Kompetenzen über digitale Gesundheit im Netzwerk Medicus Mundi Schweiz vorhanden sind. Insgesamt könnte das Wissen und die Kompetenzen innerhalb der internationalen Gesundheitszusammenarbeit der Schweiz besser kapitalisiert werden. Da die digitale Gesundheit durch die Corona-Krise an Dynamik gewonnen hat, ist es sinnvoll, die in der internationalen Gesundheitszusammenarbeit tätigen Organisationen mehr für den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Technologien zu sensibilisieren und zu befähigen. Hier sind zivilgesellschaftliche Netzwerke wie MMS, aber auch staatliche Organisationen wie die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) oder internationale Organisationen gefordert.


Community Health Worker bei der Anwendung einer Gesundheits-App in Malawi. Foto © Christoph Pimmer

 

Es gibt wenig Hinweise auf die Nutzung lokaler oder nationaler Ressourcen

Die MMS Mitgliedsorganisationen führen weltweit Projekte mit Aktivitäten in Südamerika, Afrika, Osteuropa und Asien durch. Die am häufigsten verwendete digitale Technologie ist das Mobiltelefon, das ausschliesslich Betriebssysteme amerikanischer Herkunft verwendet. Freie und offene Software ist ebenso weit verbreitet.

Es gibt kaum Belege dafür, dass im Einsatzland lokale oder nationale Ressourcen in Forschung und Entwicklung oder bei Entwurf, Aufbau, Implementierung und Wartung der digitalen Gesundheit genutzt werden.

Vor diesem Hintergrund wird die wachsende Kritik an der Nutzung von eHealth verständlich, die bemängelt, dass diese zu oft nicht mit den lokalen Gegebenheiten abgestimmt ist (van Stam, 2020)

Vor diesem Hintergrund wird die wachsende Kritik an der Nutzung von eHealth verständlich, die bemängelt, dass diese zu oft nicht mit den lokalen Gegebenheiten abgestimmt ist (van Stam, 2020). Die meisten Organisationen setzen eigenes Personal im Ausland ein, um die Aktivitäten im Bereich der digitalen Gesundheit zu leiten, einige entwickeln die Software in der Schweiz oder in anderen europäischen Ländern und die wenigsten setzen auf lokal vorhandene Kapazitäten.

Darüber hinaus wird im Einsatz von digitalen Gesundheitstechnologien der Umgang mit elektronischem Abfall (e-waste management), Gender und Inklusion kaum beachtet. Wir produzieren etwa 50 Millionen Tonnen Elektroschrott pro Jahr und nur 20% werden formell recycelt (ITU, 2019). Wenn wir nach dem Leitsatz „leave no one behind“ arbeiten wollen, müssen in der Umsetzung von digitalen Technologien die Bedürfnisse von Personen mit Behinderungen berücksichtigt werden. Frauen, Kinder und Jugendliche in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen benötigen eine leicht zugängliche, erschwingliche und qualitativ hochwertige Versorgung. Dennoch ist es wenig wahrscheinlich, dass diese Bevölkerungsgruppen von digitalen Innovationen profitieren, da es ihnen aufgrund ihres sozioökonomischen Status an Ressourcen, Infrastruktur und Bildungsniveau mangelt.  (OECD 2018; Lee & Pollitzer 2016).


Health Worker bei der Benutzung eines Gesundheits-Tools in Malawi. Foto © Christoph Pimmer


Viel Unsicherheit und ein Mangel an internationalen Guidelines

Die Resultate dieser Befragung zeigen, dass viel Unsicherheit in der Implementierung von digitalen Technologien vorherrscht. Zu Recht! Denn in vielen Ländern, auch der Schweiz sowie auf der internationalen Bühne sind die Fragen nach Datensicherheit, Dateneigentum, Datenschutz und Ethik kaum geklärt. Medicus Mundi Schweiz setzt sich in seiner Arbeit dafür ein, dass die internationale Gesundheitszusammenarbeit einen verantwortungsvollen Umgang im Einsatz der digitalen Gesundheitstechnologien entwickelt, lokale Kapazitäten stärkt und dass die Chancen, welche sich durch die digitale Gesundheit ergeben, allen den Zugang zur Gesundheitsversorgung sichert.

 

Mapping Digital Technologies in Health Used by MMS Members
Report written by Carine Weiss, Medicus Mundi Switzerland


Report


Referenzen:

 

Carine Weiss
Carine Weiss ist Projektleiterin bei Medicus Mundi Schweiz.
Email