Symposium der schweizerischen Gesundheitszusammenarbeit
Bild: IAMANEH Schweiz
Die schweizerische Gesundheitspolitik kann von Erfahrungen und Werkzeugen der internationalen Gesundheitszusammenarbeit lernen. Diesen Schluss zogen Fachleute aus Nord und Süd an einem Symposium von Medicus Mundi Schweiz (MMS) am 11. November 2003 in Basel.
Die Fortschritte in der Medizin verheissen immer mehr Erkrankten Hoffnung. Doch parallel dazu nehmen die Kosten zu, die finanziellen Mittel bleiben beschränkt. Die Frage, wo investiert und wo gespart werden soll, wird immer drängender. Dabei kann die Schweiz auch von Entwicklungsländern lernen, die langjährige Erfahrungen darin besitzen, ihr Gesundheitssystem mit beschränkten Ressourcen zu betreiben.
Am Symposium kamen die Fachleute zum Schluss, dass die Gesundheitssysteme in der reichen Schweiz und im armen Tansania in Bezug auf ihre Grundprobleme weniger voneinander entfernt sind als allgemein vermutet. Zwar benenne „Knappheit der Ressourcen“ in den beiden Ländern sehr unterschiedliche Realitäten. Doch stünden sowohl die Schweiz als auch Tansania vor der Herausforderung, die Effizienz ihrer Gesundheitssysteme zu steigern und andererseits die Kosten einzudämmen.
Nach Ansicht von Nicolaus Lorenz, Leiter des Schweizerischen Zentrums für Internationale Gesundheit und Präsident von Medicus Mundi Schweiz, sind Rationalisierungen nötig, um einen Leistungsabbau zu vermeiden oder möglichst lange aufzuschieben. Lorenz wünschte, dass in der Schweiz ebenso häufig Generika eingesetzt würden wie in Entwicklungsländern. Zudem gelte es, die bisher stark föderalisierte Mittelverteilung besser zu koordinieren, wie dies oft in Ländern des Südens der Fall sei. So sei es wenig sinnvoll, wenn der Kanton Baselland für über 3,7 Mio. Franken ein Magnet-Resonanz-Gerät anschaffen wolle, obwohl es im Grossraum Basel neun dieser Geräte gebe.
Für den Fall, dass ein Leistungsabbau unvermeidlich wird, schlug Lorenz ein in Entwicklungsländern verwendetes Konzept vor. Es berechnet, welche Gesundheitsinvestitionen sich für möglichst viele Menschen lohnen. Das Konzept stellt die Gemeinschaft ins Zentrum und kann zu anderen Resultaten führen als das hierzulande vorherrschende Modell der maximalen individuellen Lebenserwartung.
Am Symposium stellte die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) ihre neue Gesundheitspolitik vor. Oberstes Ziel sei die Verbesserung der Gesundheit der armen und verletzlichsten Bevölkerungsgruppen, sagte der Gesundheitsbeauftragte Daniel Mäusezahl. Die Tätigkeitsschwerpunkte der DEZA liegen demnach beim Aufbau von auf die Armen ausgerichteten Strukturen, auf der Mitbestimmung der Betroffenen und der „Good Governance“ in Gesundheitssystemen.
Wie Mäusezahl ausführte, sind heute mehr denn je vereinte und stärkere Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft im Gesundheitsbereich nötig. Denn die Anzeichen mehrten sich, dass die Fortschritte im Gesundheitsbereich in vielen Ländern rückgängig gemacht werden. Seit einigen Jahren bedrohe zudem die HIV/Aids-Epidemie nicht nur die Gesundheit der ärmsten und verletzlichsten Länder und Bevölkerungsteile, sondern deren wirtschaftliche und soziale Existenz als Ganzes.
Wie die Gesundheitsversorgung wirkungsvoller auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet werden kann und wie Patienten und Gemeinschaften ihre Prioritäten in die Planung und Budgetierung von Gesundheitsleistungen einbringen und durchsetzen können, waren weitere zentrale Fragen des Symposiums. „Gesundheit hat keinen Preis hat, kostet aber Geld“, waren sich die Fachleute einig; daran führe weder in den Ländern des Südens noch des Nordens ein Weg vorbei und mache allerorts schwierige Entscheidungen nötig.
(Medientext vom 11. November 2003)
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