Liebe Leserin, lieber Leser
Waren Sie in den ersten Tagen des neuen Jahres auch hin- und hergerissen zwischen der ersten Begeisterung und dem unausweichlich folgenden zweiten Gedanken?
Begeisterung für die unglaubliche, einmalige Solidarität und Hilfsbereitschaft der Menschen in der Schweiz und auf der ganzen Welt für die Opfer der Flutkatastrophe in Südasien. Endlich passiert einmal das, worauf wir in der internationalen Zusammenarbeit kaum mehr gehofft haben: innert kürzester Zeit steht so viel Geld zur Verfügung, dass bei der Bewältigung einer aktuen Notlage Nägel mit Köpfen gemacht werden können. Toll, phantastisch!
Der zweite Gedanke wurde zuerst von Médecins sans Frontières ausgesprochen und diese Woche auch an der internationalen Geberkonferenz: Erinnert euch an die vergessenen Katastrophen! Seid an anderen Orten ebenso grosszügig! Gebt euer Geld nicht einfach an einem neuen Ort aus, sondern stellt mehr Geld für die Überwindung der akuten und latenten Krisen der Welt zur Verfügung! Ob diese schwierige Nachricht ankommen wird? Die Zeit wird es weisen...
Hin- und hergerissen, auf bescheidenerem schweizerischen Niveau, war ich auch bei der Meldung, dass Lotti Latrous, "Lotti La Blanche", eine in den Elendsvierteln von Abidjan in der Betreuung von HIV/Aidskranken tätige Schweizerin, zur "Schweizerin des Jahres 2004" gekürt wurde. Bei gleichem Anlass erhielt der Arzt Ruedi Lüthy, der in Harare eine ambulante HIV-Klinik und ein Referenzlabor errichtet hat, ebenfalls den "Swiss Award" in der Kategorie Gesellschaft. Toll, grossartig! Ich gratuliere!
Die SchweizerInnen sind offenbar nicht blind und taub für die Not der Kranken, die aufgrund ihrer Armut oder sozialen Stellung keinen Zugang zu medizinischer Behandlung und Betreuung haben. Und sie unterstützen tatkräftig die "weisse Frau" oder den "weissen Mann", der mit viel Enthusiasmus einfach hingehen und den Armen und Kranken helften...
Der zweite Gedanke: Gelingt es diesen schweizerischen MacherInnen, ihre Arbeit zu verwurzeln und nachhaltig zu machen? Partnerschaften aufzubauen? sich in die bereits bestehenden lokalen, nationalen und internationalen Strukturen einzugliedern? sich selbst vielleicht einmal überflüssig zu machen? Die schweizerische Gesundheitszusammenarbeit kennt alle Sorten von Geschichten, die mit dem Enthusiasmus einer Einzelperson begonnen haben... Und so gilt auch hier: Die Zeit wird es weisen.
Ich wünsche Ihnen ein gutes neues Jahr.
Thomas Schwarz, Co-Geschäftsführer Medicus Mundi Schweiz. Netzwerk Gesundheit für alle
Die Dokumentation zu Vorstandssitzung der WHO gibt einerseits einen Ausblick auf die Themen der diesjährigen Weltgesundheitsversammlung, anderseits bilden die vom WHO-Sekretariat vorbereiteten Dokumente einen recht guten Einblick in Entwicklungen der Gesundheitspolitik auf der Ebene der internationalen Organisationen und Staaten.
Es ist Januar, und wer mag, beteiligt sich an den saisonalen Ritualen: Ab nach Davos zum Weltwirtschaftsforum und seinen Rahmen- und Gegenveranstaltungen, ab in die Städte zu den ebenso rituellen Demonstrationen, ab nach Arosa zum World Spirit Forum (!), oder ab in die Wärme ans Weltsozialforum in Porto Allegre... Noch unklar erscheint es uns, in welcher Form ein an verschiedenen Orten auf Mitte Januar angekündigtes "4. Internationales Gesundheitsforum" oder "Erstes Weltsozialforum für Gesundheit" in Porto Allegre über die Bühne geht. Die Veranstaltung steht jedenfalls im Schatten der für den Juli in Ecuador geplanten zweite "People's Health Assembly", die weitaus mehr internationale Beachtung und Unterstützung findet.
"Die Weltgesundheitsorganisation rechnet zur Zeit mit 37 Millionen blinden Menschen weltweit - 13 Millionen weniger, als aufgrund früherer Hochrechnungen erwartet. Die markante Trendumkehr spiegelt die weltweiten Bemühungen in der Überwindung der Armutsblindheit. Somit rückt das Ziel der weltweiten Kampagne 'Vision 2020' spürbar näher: dass in 15 Jahren niemand mehr aus Armut erblinden muss!"
Bulletin von Medicus Mundi Schweiz Nr. 95, Januar 2005
"Was mein Leben betrifft - es ist sehr schwer. Meine Tochter und mein Gatte sind krank. Alles lastet auf mir. Wir haben weder Essen noch Geld. Ich sorge mich jeden Tag um meine Kinder. Ich bin verzweifelt. Ich habe keine Stütze, niemanden, der helfen könnte." Der Reader zum Symposium der schweizerischen Gesundheitzsusammenarbeit vom 3. November 2004 liegt nun in gedruckter Form vor und kann bei der Geschäftsstelle von Medicus Mundi Schweiz bestellt werden. Neben den eindrücklichen Filmporträts werden im Bulletin auch die Referate und Projektpräsentationen dokumentiert.
Wie kann ich helfen? Was tut die Schweiz?
Eine Übersicht über die Tätigkeit schweizerischer Organisationen im Katastrophengebiet bietet ein von MMS betreutes Dossier auf interportal.ch. Auch mehrere Mitglieder des Netzwerks Medicus Mundi Schweiz sind in Südasien in der Nothilfe und im Wiederaufbau engagiert.
"Seit Januar 2005 sind die verschiedenen HIV/AIDS-Projekte unserer Partnerkirchen südlich der Sahara zusammengefasst zu einem gemeinsamen Regionalprogramm HIV/AIDS. Zur weiteren Unterstützung und internen Koordination dieses Programms hat mission 21 gemeinsam mit der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) zwei kongolesische Mitarbeitende angestellt."