Sri Lanka, Madagaskar und die Schweiz im Vergleich

Diabetes mellitus - Herausforderungen und Potentiale für Pflegende weltweit

Von Esther Bättig, Erika Wüthrich und Karin Rippstein

Diabetes ist rasant auf dem Vormarsch. 382 Millionen Menschen weltweit leiden an der chronischen Erkrankung Diabetes mellitus und in einigen Regionen werden es in den nächsten 20 Jahren doppelt so viele sein. 80% der Diabetiker leben in einkommensschwachen Ländern, deren Gesundheitswesen mit der Betreuung dieser Erkrankten vor einer enormen Herausforderung stehen. Pflegende sind weltweit eine zu wenig genutzte Ressource, um die globale Herausforderung der primären und sekundären Prävention und Diabetesbetreuung zu bewältigen.

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Diabetes mellitus - Herausforderungen und Potentiale für Pflegende weltweit

Downing Street turns blue for World Diabetes Day (Flickr/www.idf.org/worlddiabetesday/)

 

In diesem Artikel werden zwei am Global Health Forum in Genf vorgestellte Projekte aus Sri Lanka und Madagaskar und die Diabetesbetreuung durch Pflegende in der Schweiz dargestellt. Die globalen Herausforderungen bei der Betreuung von Diabetikern und die dabei wenig genutzten Potentiale der Pflegenden werden kritisch beleuchtet.

Zahlen und Fakten zum Diabetes

Im Jahr 2013 waren weltweit 382 Millionen Menschen an Diabetes erkrankt, dies entspricht 8.3% der Weltbevölkerung. Die Hälfte aller Diabetiker leben in den drei bevölkerungsreichen Ländern China, Indien und USA. Alle 6 Sekunden stirbt ein Mensch an den Folgen des Diabetes, das waren im Jahre 2013 über 5 Millionen diabetesinduzierte Todesfälle. Bis zum Jahr 2035 werden gemäss Schätzungen der Internationalen Diabetes Föderation rund 592 Millionen Menschen weltweit an Diabetes erkrankt sein. Dies bedeutet eine Verzehnfachung der Diabeteserkrankten in den letzten 30 Jahren, denn im Jahre 1985 zählte man erst 30 Millionen Diabeteserkrankte. Alle früheren Prognosen unterschätzten die Entwicklung der Prävalenz und Inzidenz von Diabetikern. Alle Länder weltweit sind mit der Zunahme von Diabetes konfrontiert und 80 % der Diabetiker leben in Ländern mit mittleren und niedrigen Einkommen.

IDF Diabetes Atlas 2014

Quelle: IDF Diabetes Atlas, 6th edition, 2013 / updated 2014

 

Die geschätzten Gesundheitskosten, die durch Diabetes weltweit verursacht werden, belaufen sich auf über 500 Milliarden USD, was 11% der globalen Gesundheitskosten entspricht. Damit entwickelt sich der Diabetes zur globalen Epidemie und bildet eine enorme universale Herausforderung. 80 % der weltweiten Ausgaben werden in den reichen Ländern getätigt, 50 Prozent allein in den USA. In Indien mit mehr als 50 Millionen Diabetikern steht weniger als ein Prozent des weltweiten Budgets zur Verfügung.

An Diabetes zu erkranken bedeutet in vielen Ländern, dass ganze Familien in die Armut abrutschen. Denn oft gibt es keine allgemeine Krankenversicherung und die Gesundheitssysteme sind weltweit nicht oder zu wenig für die Betreuung chronisch Kranker eingerichtet. Diabetes überfordert nicht nur die Gesundheitssysteme, sondern bedroht auch die Volkswirtschaften, denn mehr als die Hälfte der Diabetiker ist im arbeitsfähigen Alter zwischen 20 und 60 Jahren. 90 % der Betroffenen leiden an Diabetes Typ 2. In den meisten Fällen tritt Diabetes Typ 2 erst ab einem Lebensalter von über 40 Jahren auf. In jüngster Zeit zeigt sich das Phänomen, dass zunehmend jüngere Menschen mit starkem Übergewicht an Diabetes Typ 2 erkranken, der durch Erbfaktoren, Fastfood-Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel begünstigt wird. Viele Menschen weltweit führen heutzutage diesen krankmachenden Lebensstil.

Was können Pflegende weltweit zur Betreuung der Diabetiker und in der Prävention beitragen?

Anhand von zwei lokalen Projekten, welche am Global Health Forum in Genf präsentiert wurden, werden zwei verschiedene Herangehensweisen von Diabetesbetreuung in unterschiedlichen Ländern vorgestellt. Die zusammengefassten Vorträge von Manuj Weerasinghe aus Sri Lanka und Tojosoa Rojaonarison aus Madagaskar zu Diabetes mellitus und die Diabetesbetreuung in der Schweiz werden dargestellt. Der Einbezug der Pflegenden in die Prävention und Langzeitbetreuung von Diabetikern wird anhand von Literaturrecherchen und Erfahrungen der Autorinnen aufgezeigt. Die herausgearbeiteten Problematiken werden in Bezug auf Global Health und wirtschaftliche Globalisierung diskutiert und kritisch reflektiert.

Nutzen von Pflegefachpersonen zu Diabetesberatungen: Erfahrungen aus Sri Lanka

Prävention und Behandlung von chronischen Krankheiten sind für Sri Lanka eine neue Herausforderung. Das Gesundheitswesen von Sri Lanka ist, wie in den meisten Ländern, nicht dafür ausgerichtet. Es braucht verschiedene Initiativen, um die chronisch erkrankten Menschen behandeln zu können und präventive Massnahmen zu ergreifen. Manuj Weerasinghe stellte eine dieser Initiativen vor. Die Nationale Initiative zur Verstärkung und Organisation der Grundversorgung von Diabetikern (National Initiative to Reinforce and Organize General Diabetes Care in Sri Lanka: NIROGI Lanka) ist ein Projekt, das vor drei Jahren gestartet wurde und von der Regierung, der Diabetes-Interessen-Vertretungen und der Welt-Diabetes-Vereinigung unterstützt wird. NIROGI Lanka betreibt eine Internetplattform sowie ein Facebook-Profil und versucht mit verschiedenen Programmen, das Wissen zum Diabetes mellitus Typ 1 und 2 in der Bevölkerung und bei den medizinischen Fachpersonen zu verbessern. Dadurch sollen Behandlung und Prävention ausgebaut und effektiver werden.

Die Beratung der Diabetespatienten oblag einzig den Spitalärzten. Mit einem Zeitfenster von drei bis fünf Minuten war diese Beratung sehr dürftig. Für eine wirkungsvollere Behandlung und zur Vermeidung von Spätkomplikationen mussten neue Lösungen gesucht werden. Eine davon war die Ausbildung von Pflegefachpersonen zu Diabetesberatungen. Landesweit wurden in drei Jahren über 300 Pflegefachpersonen zu Diabetesberatungsfachpersonen ausgebildet. Danach wurde untersucht, wie die Diabetesberatungen in den verschiedenen Spitälern umgesetzt wurde. In 28 Spitälern von fünf Provinzen wurden fünf Fokusgruppen-Interviews mit insgesamt 51 ausgebildeten Diabetesberatungsfachpersonen, Einzelinterviews mit Spitalleitungen, Pflegdienstleitungen und Ärzten sowie Beobachtungen von Diabetessprechstunden durchgeführt. Die Daten wurden qualitativ mit der thematischen Analyse ausgewertet.

Die Mehrheit der Spital- und Pflegedienstleitungen wussten wenig oder nichts über die Ausbildung der Diabetesberatung. Nur wenige Pflegefachpersonen liessen sich freiwillig weiterbilden, viele machten die Ausbildung unter Zwang. Die Rekrutierung von interessierten Pflegefachpersonen war nur in drei Spitälern geregelt. Es gab keine Planung, wie die ausgebildeten Diabetesfachpersonen in den einzelnen Spitälern eingesetzt werden sollten. Von den 51 ausgebildeten Fachpersonen hatten nur zehn eine Anstellung als Diabetesberatende. Es gab einzelne Initiativen, um eine punktuelle Beratung zu initiieren. Beispielsweise wurden Geburtstagskarten an die Diabetespatienten verschickt, mit der Aufforderung, in die jährliche Beratung zu kommen. Jedoch gingen die meisten Pflegenden nach der Schulung wiederum ihren angestammten Pflegetätigkeiten nach. Gründe dafür waren der Pflegefachpersonenmangel, aber auch organisatorische und strukturelle Probleme. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass das Verständnis der Notwendigkeit einer gezielten Diabetesberatung sowohl auf der Managementebene, wie auch unter dem medizinischen Fachpersonal fehlte.

Mit dieser Evaluationsstudie konnte aufgezeigt werden, dass zuerst eine gute Information aller Beteiligten und eine Ressourcenabklärung notwendig sind, bevor weitere Pflegefachpersonen zu Diabetesberatungsfachpersonen ausgebildet werden. Erst wenn benötigte Rahmenbedingungen geschaffen sind, ist es möglich, dass Pflegende eine effektive sekundäre Diabetes-Prävention etablieren können.

Diabetes Edukation und Selbstmanagement in Madagaskar

Im afrikanischen Inselstaat Madagaskar leben von den gut 20 Millionen Menschen etwa 80% in ländlicher Gegend, wo ein minimales Gesundheitsversorgungssystem existiert. Ungefähr eine Million Menschen sind dort an Diabetes erkrankt. Die Gesundheitspersonen in der medizinischen Grundversorgung dieses Landes führen kein Screening für Diabetes durch und bei vielen Betroffenen beeinträchtigen die Symptome ihre Alltagsaktivitäten nicht. Somit ist die Diabeteserkrankung oft nicht diagnostiziert und nicht therapiert. Tojosoa Rojaonarison erwähnte, dass Diabetes meist erst diagnostiziert wird, wenn bei Menschen aufgrund von Spätfolgen der Diabeteserkrankung Amputationen von Gliedmassen gemacht werden müssen oder sie erblindet sind.

Das Bewusstsein für Diabetes ist in der madagassischen Bevölkerung extrem tief. Viele Menschen in ländlicher Gegend haben noch nichts von dieser chronischen Erkrankung gehört oder sie leben teilweise im Glauben, dass sie nie an Diabetes erkranken werden, da sie weder Coca Cola trinken noch Kekse essen. Die bedeutenden Risikofaktoren für Diabetes in Madagaskar betreffen wie überall die Ess- und Trinkgewohnheiten und den Lebensstil. Beispielsweise wird oft lokal produzierter Rum aus Zuckerrohr getrunken, fettiges Fleisch und ganze Platten von Reis gegessen. Menschen, welche in den Städten Madagaskars leben, essen zunehmend mehr Fastfood und bewegen sich weniger. Hinzu kommt, dass im Zusammenhang mit der Diabeteserkrankung an Hexerei oder Zauberei geglaubt wird, was zu Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung der Erkrankten führen kann.

Die beschriebenen Probleme in Madagaskar und insbesondere das geringe Bewusstsein der chronischen Erkrankung Diabetes kombiniert mit sozialer Ausgrenzung, die schlechte Erreichbarkeit der Gesundheitsdienste in ländlichen Gebieten und die hohen finanziellen Belastungen bei jahrelanger Therapie stellen hohe Anforderungen an die Gesundheitsprävention im Land.

Die Welt-Diabetes-Vereinigung startete 2009 ein Projekt in Madagaskar mit dem Ziel, das Bewusstsein von Diabetes durch primäre, sekundäre und tertiäre Präventionsmassnahmen in der madagassischen Bevölkerung zu stärken. Seither führt die Association Malgache contre le Diabète (A.MA.DIA) dieses Projekt zur Ausdehnung von edukativen und medizinischen Aktivitäten durch, indem sie Gesundheitspersonen ausbilden, die Betreuungsqualität in den Diabeteskliniken verbessern, Kliniken aus- oder neu bauen.

In einer ländlichen madagassischen Klinik arbeitete Dr. Pierre Ratsimbazafy alleine und betreute 400 reguläre Patienten selber. Er realisierte, dass die Aufmerksamkeit immer beim Patienten sein sollte und er stellte somit die Diabetiker ins Zentrum allen Handelns. Damit veränderte er die allgemein übliche Haltung, dass der Arzt wie ein König auf seinem Thron sitzt und rundum Befehle erteilt. Er vertrat die Meinung, dass er als Arzt nur eine Person von vielen ist, die Diabetiker unterstützt mit der chronischen Erkrankung zu leben. Seither werden Diabetiker in den Diabeteskliniken basierend auf seiner Idee betreut. Als zentrales Element wurde die „Kunst Therapie“ entwickelt, wobei Menschen mit Diabetes in Mal- und Gestaltungsworkshops über künstlerischen Ausdruck mit ihren Lebensgewohnheiten wie Nahrungsaufnahme und Bewegungsgewohnheiten konfrontiert werden. Von der A.MA.DIA wurden von 2010 - 2013 bereits 12 Workshops mit 141 Diabetikern durchgeführt. Sie werden motiviert, einheimische Früchte und Gemüse zu malen und sich und ihre Gefühle über Kunst auszudrücken. In Einzelgesprächen oder gemeinsam in der Gruppe werden die einheimischen Früchte und Gemüse in Zusammenhang mit der Diabetesernährung diskutiert. Während des Workshops können bei den eher scheuen und nicht über die Krankheit sprechen wollenden Betroffenen ärztliche Konsultationen durchgeführt werden. Die Betroffenen nehmen an diesen Mal-Therapie-Workshops gerne teil. Sie lernen dabei, mit ihrer Erkrankung im Alltag und in sozialer Gemeinschaft umzugehen. Das hat zur Folge, dass Betroffene plötzlich für sich und ihre Krankheit Verantwortung übernehmen und sich für Diabetes interessieren. Auch die Angehörigen und Familien werden miteinbezogen. Dieser unterdessen rege benutzte Ansatz der Befähigung durch die Kunst Therapie ist ein innovativer und anerkannter Ansatz der Patientenedukation, womit gute Resultate erarbeitet werden.

In diesem Projekt aus Madagaskar lernen Diabetiker, sich durch Kunst mitzuteilen und ihre Gefühle auszudrücken. Sie erfahren ihre Kreativität, erleben Freude und Gemeinschaft, werden im Selbstwertgefühl gestärkt und lernen mit Diabetes im Alltag umzugehen. Wichtig ist dabei, die betroffenen Menschen dort abzuholen, wo sie in ihrem persönlichen und sozialen Leben stehen und die Präventionsmassnahmen schrittweise anzugehen.

Beratung und Langzeitbetreuung von Diabetikern in der Schweiz

Die Schweizerische Diabetesgesellschaft wurde 1959 mit dem Ziel gegründet, die Lage der Menschen mit Diabetes zu verbessern. Ziel ist, die Betroffenen so zu begleiten, dass Spätkomplikationen vermieden werden können und sie lernen, mit dem Diabetes zu leben. 19 regionale Sektionen der Diabetesgesellschaft bieten Diabetesberatungen an. Nebst regelmässigen Sprechstunden werden ebenfalls Workshops, Tagungen, öffentliche Anlässe, Broschüren und eine Homepage angeboten. Die Diabetesberaterinnen instruieren die Handhabung von Blutzuckermessgeräten und Medikamenten, beraten Betroffene zu Ernährungsthemen oder Lebensstilveränderungen. Die Diabetiker werden im Umgang mit Krankheit und Therapien geschult, sowie mit schriftlichem Informationsmaterial in gedruckter oder digitaler Form informiert. Jeder Diabetiker erhält pro Jahr maximal 20 Beratungen von der Krankenkasse vergütet.

Die Weiterbildung zu Diabetesberatungsfachperson wird von Fachhochschulen angeboten und berufsbegleitend absolviert. Wie in vielen Fachbereichen ist auch bei der Diabetesberatung ein Fachkräftemangel spürbar. Die Weiterbildungsmöglichkeit zur Diabetesfachpersonen wird von Pflegefachpersonen wenig genutzt.

Diabetes ist in der Schweiz ein öffentliches Thema. Es gibt staatliche Präventionsbemühungen wie beispielsweise Programme für gesündere Ernährung und Bewegungsförderung. Mit politischen Vorstösse zur Anpassung des Lebensmittelgesetzes bezüglich Deklaration von Zucker- und Fettmengen sowie Kalorienangaben wird versucht, Diabeteserkrankungen und nicht zuletzt die dadurch anfallenden Gesundheitskosten einzudämmen.

Kritische Auseinandersetzung

In Public Health Kreisen wird die Problematik der weltweiten Last von chronischen Erkrankungen wie Diabetes seit Jahrzehnten thematisiert. Scheinbar wird dies erst in den letzten Jahren bei den medizinischen Fachpersonen entsprechend wahrgenommen. Heute bestehen Global Health Strategien mit Interventionen auf unterschiedlichen Ebenen. Unter Einbezug der sozialen Strukturen, Lebensbedingungen, Gesundheit, Ernährung, Bewegung, Raumplanung, etc. wird den komplexen, multifaktoriellen Herausforderungen bezüglich Diabetes begegnet.

Die effektivste Behandlung von Diabetikern liegt in der primären und sekundären Prävention. Präventionsmassnahmen werden stark durch lokale, kulturelle, politische und wirtschaftliche Einflüsse geprägt, daher gibt es keine global einheitlichen Massnahmen. In Sri Lanka und Madagaskar betrifft es Themen wie Verfügbarkeit von Gesundheitsdiensten, finanzielle Möglichkeiten, Stigmatisierung sowie Lebensstilveränderungen in Richtung Fastfood und wenig Bewegung. In der Schweiz sind es Bewegungsmangel, fett- und zuckerreiche Ernährung und Süssgetränke sowie die Zunahme von Adipositas. Die gemeinsamen Herausforderungen dieser drei Länder in allen Bevölkerungs- und Berufsgruppen sind das geringe Bewusstsein der enormen gesellschaftlichen Belastungen durch Diabetes.

Solange Gesellschaften und deren Gesundheitssysteme nicht auf Prävention und Betreuung von chronisch Erkrankten ausgerichtet sind, bestehen keine Anreize und kein Bedarf, Pflegende als Ressource zu nutzen. Wie im Beispiel aus Sri Lanka aufgezeigt, können ausgebildete Diabetesfachpersonen nur mit Diabetikern arbeiten, wenn die strukturellen Bedingungen angepasst und das personelle Engagement gestärkt werden. Wird der Fokus auf Betreuung von chronisch Erkrankten gelegt, können von Gesundheitspersonen kreative Lösungen zur Langzeitbetreuung von Diabetikern entwickelt werden. Das Beispiel aus Madagaskar zeigt, wie trotz eingeschränktem Zugang zur Gesundheitsversorgung und kulturellen Hürden eine effektive Betreuung von Diabetikern aufgebaut werden konnte.

Von allen chronischen Erkrankungen ist in der Schweiz das Betreuungssystem für Diabetiker am besten ausgebaut. Trotzdem bilden sich Pflegende noch selten in Diabetesfachberatung weiter. Das Gesundheitswesen der Schweiz ist primär auf Akutsomatik ausgerichtet, daher muss das Bewusstsein und Engagement der Gesundheitspersonen für die Betreuung von chronisch Erkrankten wie Diabetikern weiter entwickelt und gestärkt werden. Dies könnte die Attraktivität für Tätigkeiten in der Langzeitbetreuung steigern.

Ausgebildete Pflegende verfügen über medizinisches und pflegerisches Wissen und Fähigkeiten, auf lokaler Ebene chronisch erkrankte Menschen zu betreuen. Die von der WHO definierten und vom International Council of Nursing (ICN) aufgenommenen Kernkompetenzen der Pflegenden sind patientenzentrierte Betreuung, partnerschaftliche Zusammenarbeit, Qualitätsverbesserung, Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien und Public Health Perspektive.

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass Pflegende Kompetenzen hätten, chronisch Erkrankte langfristig zu betreuen. Zusätzlich sollten sie wirtschaftlich und politisch geschult werden, um die Wichtigkeit präventiver Massnahmen bezüglich chronischer Erkrankungen aufzeigen und die entsprechenden Anliegen bei Entscheidungsträgern wirksam vertreten zu können. Wir empfehlen, in allen Projekten lokale, politische und transkulturelle Meinungsträger einzubeziehen, um Widerstand zu vermindern und Zugang zur Gesundheitsversorgung mit Nachhaltigkeit zu erreichen.

 

Referenzen

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Esther Bättig Arnold, 46, ist Masterstudentin am Institut für Pflegewissenschaft der Universität Basel und arbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin Qualität und eHealth im Spitex Verband Schweiz. Die Mutter zweier Kinder (12 und 16 Jahre) war während 16 Jahren in der Spitex Stadt Luzern unter anderem als Weiterbildungs- und RAI-HC-Verantwortliche im Prozess- und Qualitätsmanagement tätig.

Karin Rippstein-Leuenberger, 48, ist Pflegefachfrau und Masterstudentin am Institut für Pflegewissenschaft der Universität Basel. Die Mutter zweier Kinder arbeitete 20 Jahre auf medizinischen Abteilungen des Kantonsspital Liestal in der direkten Pflege und vertieft ihr Fachwissen nun im Studium der Pflegewissenschaften. Seit drei Jahren arbeitet sie als Fachverantwortliche Geriatrie und ist für die Pflegeentwicklung zuständig.

Erika Wüthrich, 48, ist Pflegeexpertin am Universitätsspital Inselspital Bern, Masterstudentin am Institut für Pflegewissenschaft der Universität Basel und wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Direktion Pflege/MTT Inselspital Bern. Während 24 Berufsjahren in Pflegefach- und Managementanstellungen auf der Inneren Medizin hat sich die begeisterte Berg- und Skitourengängerin stetig weitergebildet. Sie engagiert sich für Pflegethemen von chronisch kranken Menschen und Angehörigen im Akutspital.