Von Martin Leschhorn Strebel
Als Leserin oder Leser der Bulletins kennen Sie diesen Bildtypus bereits: Eine weissbekittelte Ärztin horcht den Herztönen eines afrikanischen Knaben, ein Mitarbeiter eines Hilfswerks nimmt den Blutdruck eines Babys oder eine Pflegerin untersucht das Ohr eines älteren Patienten in Asien. Solche Bilder illustrieren den Artikel von Dirk Freudenberg und Philipp Reber in diesem Heft – mit einem kleinen Unterschied: Die ÄrztInnen und PflegerInnen tragen Tarnanzüge und Uniformen. Die Aufnahmen zeigen die „11th Marine Expeditionary Unit/Tarawa Expeditionary Strike Group“ der US Air Force am Horn von Afrika bei einem medizinisch-zivilen Einsatz in Djibouti.
Die amerikanischen Streitkräfte wie auch andere Armeen sind neue Mitspieler in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Das Dilemma für die NGO ist offensichtlich: In Ländern wie Afghanistan sind Hilfswerk oft auf den Schutz durch internationale Truppen angewiesen, damit werden sie aber auch Konfliktpartei und verlieren ihr Image als unabhängige Organisation.
Haben wir es mit einer Militarisierung der Entwicklungszusammenarbeit zu tun? Die US Truppen deuten die Argumente ihrer KritikerInnen um: Wenn Terrorismus nicht mit Gewalt bekämpft werden kann, sondern seine Ursachen mit Entwicklung und wirtschaftlichen Perspektiven für die Ursprungsländer bekämpft werden soll, dann nimmt halt das Militär die Entwicklungshilfe gleich selbst in die Hand. Das hilft dann erst noch der eigenen Reputation. Natürlich ist diese Hilfe interessengebunden und machtpolitisch motiviert. Doch wen kümmert’s, solange solch nette Bilder aus Djibouti publiziert werden können.
Es muss uns kümmern – gerade unter Vorzeichen der Gewaltprävention. Macht- und interessenpolitisch geleitete Entwicklungshilfe zementiert wirtschaftliche und soziale Unterschiede, weil sie primär der auf Rohstoffe angewiesenen Wirtschaft im Norden dienen muss und nicht nach wirtschaftlicher Gerechtigkeit strebt. Damit wird strukturelle Gewalt eben gerade nicht abgebaut, sondern zementiert.
In dieser Ausgabe eröffnet Tina Goethe von SWISSAID die neue Rubrik „Debatte“. In diesem Gefäss publiziert das Bulletin ab sofort kommentierende – und hoffentlich auch provozierende – Beiträge zur Entwicklungspolitik und internationalen Gesundheitszusammenarbeit. Ich freue mich auf Themenvorschläge aus unserem Netzwerk.
Martin Leschhorn Strebel ist Redaktor des Bulletins und arbeitet seit 1. Januar 2008 als Mitglied der Geschäftsleitung von Medicus Mundi Schweiz. Kontakt: mleschhorn@medicusmundi.ch