Von Svend Capol
Die Organisation SolidarMed ist in ihren Projekten im südlichen Afrika mit dem Gesundheitspersonalmangel konfrontiert. Sie versucht der Herausforderung zu begegnen, indem sie möglichst gute Arbeitsbedingungen für die lokalen MitarbeiterInnen schafft und in die Ausbildung investiert.
StudentInnen an der Pflegeschule des Lugala-Spitals im Unterricht. Nach dem zweijährigen Lehrgang schliessen sie mit dem Grunddipolom ab.(© SolidarMed)
Wo man hinsieht in den ländlichen Gebieten Afrikas, wo SolidarMed an der Gesundheitsfront tätig ist, fällt die grosse Zahl an Patienten auf, die auf eine verschwindend kleine Zahl von Gesundheitsfachleuten wartet. Sei dies in den Gesundheitsposten abgelegener Dörfer, sei es im peripheren Spital, keine dieser Institutionen verfügt nur annähernd über die theoretisch vom Gesundheitsministerium zugeteilten Pflegefachleute, geschweige denn Ärztinnen und Ärzte.
Um zum Lugala Spital zu gelangen, muss man mit der Fähre den Kilombero Fluss überqueren und bei guten Strassenverhältnissen 4 Stunden tief in den abgelegenen Ulanga Distrikt im Süden Tanzanias hineinfahren bis dorthin, wo die Strasse nicht mehr weitergeht. Für uns schon ein eigenartiges Gefühl, wenn man einmal ans Ende der Strasse gelangt.
Eine Anstellung als Gesundheitsfachperson findet man ohne Probleme an viel angenehmeren Orten. Also, wenn man schon in urbaner Umgebung ausgebildet wurde und sich an das dortige Leben gewöhnt hat, wozu in ein Spital am Ende der Strasse gehen um zu arbeiten, weshalb auf einen gewissen Comfort verzichten? Die meisten, die im Lugala Spital arbeiten, sind dort gross geworden und haben Wurzeln, welche bisher stark genug waren, um den Wegzug in die Stadt zu verhindern. Das Arbeiten am Lugala Spital ist sicher kein Schleck: der Personalmangel – es fehlen 55% der benötigten Fachleute – mindert nicht die Patientenzahlen, die grosse Arbeit wird auf wenige ausgebildete Personen verteilt. Die Bindung ans Spital, ans Dorf, an die Familie muss schon stark sein, um von dieser Last nicht gebrochen zu werden. Die Verlockung, diesen mühsamen Verhältnissen zu entrinnen, keimt und wächst auf dem Boden der Entbehrung. Es winken gute Stellen in den Städten, Fortbildungsmöglichkeiten und gar lukrative Angebote aus dem Ausland.
Wenn überhaupt, kann man eine nachhaltige Bindung ans Spital am ehesten von den Leuten aus den Dörfern um Lugala herum erwarten. Deshalb ist es wichtig, genau für die Interessierten vor Ort ein gutes Angebot für die Ausbildung zum Beispiel zur Pflegefachfrau zu machen. Die Pflegeschule am Lugala Spital bietet einerseits eine Berufsausbildung in einer abgelegenen Gegend an, wo es kaum andere Ausbildungsmöglichkeiten gibt, andererseits versorgt die Schule das Spital mit dringend benötigten Fachleuten. Dank dem Bau von Personalhäusern in der Umgebung des Lugala Spitals wurden zusätzliche Elemente zur Stärkung der Resistenz gegen den Wegzug erstellt. Es braucht sicher noch weitere Entwicklungsschritte in der Umgebung von Lugala, wie die Sicherstellung von Transportmöglichkeiten, der Kommunikation, der Stärkung lokaler Schulen, etc um konkurrenzfähiger zu werden und der Abwanderung von Personal entgegen zu wirken.
Hilfreich ist auf der Gegenseite bestimmt auch, wenn in den Städten keine Rekrutierungsbüros für Krankenschwestern mehr aktiv sind, welche die Wiesen in Europa übergrün darstellen und lokales Personal abwerben. Mit vereinten Kräften können solche Push und Pullfaktoren ausgeglichen werden. Und wie sagte Hector auf seiner Reise und der Suche nach dem Glück? Vergleiche anzustellen ist, das beste Mittel um das Glück zu vermiesen.
Seit der Gründung der medizinischen Fakultät am University of Zambia in Lusaka in 1973 wurden bis heute etwas mehr als 1300 Ärzte ausgebildet. Der grösste Teil dieser Ärzte arbeitet nicht mehr im Land. In Grossbritannien alleine arbeiten heute ca. 300 zambische Ärzte, etwa gleich viele wie noch im Heimatland verblieben sind. Das Gesundheitsministerium hat für die Versorgung der gesamten Bevölkerung von Zambia (ca. 14 Mio Einwohner) 1778 Arztstellen vorgesehen. Davon waren im Jahre 2008 lediglich 745 besetzt. Es fehlen also über 1000 Ärzte, dies vor allem in den peripheren Gebieten, wo die Arbeit gross und die Verdienstmöglichkeiten klein sind. Ganz ähnlich sieht es übrigens auch beim Pflegepersonal aus. Auch in dieser Berufssparte bleiben 54% der Stellen vakant.
SolidarMed unterstützt das Chainama College bei der Ausbildung von sogenannten Medical Licentiates, oder anders ausgedrückt, Non-physician clinicians. Diese Hilfsärzte sind nach ihrer speziellen Weiterbildung in der Lage, die wichtigsten ärztlichen Aufgaben im peripheren Spital zu übernehmen. Dabei fokussiert die ML-Ausbildung auf die Erst- und Notversorgung, speziell von Schwangeren und Kindern. Das ML-Programm ist speziell auf die sambischen Bedürfnisse und Gegebenheiten ausgelegt und das praktische Training findet dezentral statt.
Die ML-Ausbildung ist heute (noch) nicht international anerkannt. Somit kommt ein Auswandern zu grüneren Wiesen (Brain Drain) kaum in Frage. Die Non-Physician-Clinicians bleiben dem System für die Versorgung der Bevölkerung erhalten und haben dank der Ausbildung am Chainama College auch die Fähigkeiten und Fertigkeiten dazu. In Zambia zeigt sich die Auswirkung von Brain Drain ganz deutlich. Mit Programmen wie die ML-Ausbildung wird eine praxisnahe Möglichkeit geschaffen, einen Teil des Mangels an Gesundheitspersonal wettzumachen. Effizienter wäre jedoch das Einhalten des WHO Global Code of Practice on the International Recruitment of Health Personnel. Parallel dazu muss selbstverständlich auch der NGO Code of Conduct for Health Systems Strengthening umgesetzt werden. (s. Kasten). Die Gesundheitsversorgung sicherzustellen ist sowohl bei uns wie auch in Ländern des Südens eine Herausforderung. Diese gemeinsame Aufgabe gilt es für die Zukunft besser anzupacken.
*Dr. med. Svend Capol ist Präsident von SolidarMed. Er stand 2 ½ Jahre im Arzteinsatz in Lesotho für SolidarMed (mangels lokaler Ärzte!). 14 Jahre Tätigkeit als Hausarzt in Menzingen (ZG). Seit 2009 Kantonsarzt (80% Pensum) des Kantons Schwyz (das Problem des Personalmangels im Gesundheitswesen beschäftigt ihn auch in dieser Funktion!). Kontakt: svend.capol@hin.ch
The NGO Code of Conduct for Health Systems Strengthening The purpose of this Code of Conduct for Health Systems Strengthening is to offer guidance on how international non-governmental organizations (NGOs) can work in host countries in a way that respects and supports the primacy of the government’s responsibility for organizing health system delivery. The last decade has ushered in tremendous growth in political will, funding support and organizational structures to improve international health. While gains have been achieved in some areas such as the HIV epidemic, ground has been lost in basic primary care and maternal child health. It is now becoming clearer that NGOs, if not careful and vigilant, can undermine the public sector and even the health system as a whole, by diverting health workers, managers and leaders into privatized operations that create parallel structures to government and that tend to worsen the isolation of communities from formal health systems. This Health Systems Strengthening code is intended specifically to address international NGOs and their roles in training, securing and deploying human resources in the countries where they work. There are six areas where NGOs can do better: 1) hiring policies; 2) compensation schemes; 3) training and support; 4) minimizing the management burden on government due to multiple NGO projects in their countries; 5) helping governments connect communities to the formal health systems; and 6) providing better support to government systems through policy advocacy. This code offers sustainable practices in each of these areas of concern. Signatories to this Code of Conduct recognize the role of voluntary ethical codes and country-based codes of conduct that have come before us. Those codes, such as the Code of Conduct for the International Red Cross and Red Crescent Movement and NGOs in Disaster Relief (1992), the Code of Good Practice for NGOs Responding to HIV/AIDS (2004), and the Paris Declaration on Aid Effectiveness (2005) offer practical ethical standards for NGOs and donors engaged in development work. These standards aim to improve the quality and impact of their work. The original drafters of this code are representatives of international NGOs with implementation and advocacy experience in a variety of developing countries; we ourselves have made many of the mistakes that we address. We hope that our Code of Conduct standards will prove useful for NGOs, governments, local institutions and donors by establishing principles to strengthen health systems. Our commitment helps ensure that “health for all” is not a thousand-year project, but well within our reach. The code is intended to be clear, direct, succinct and action-oriented. |