Manifest des Netzwerks Medicus Mundi Schweiz. Basel, 3. November 2004

Gesundheit für alle – ein realistisches Projekt

Lesezeit 12 min.

Die in der internationalen Gesundheitszusammenarbeit tätigen schweizerischen Organisationen haben in ihrer Vielfalt ein gemeinsames Ziel: Gesundheit für alle. Auch wenn heute die Säuglings- und Kindersterblichkeit in vielen Ländern wieder steigt und die Lebenserwartung sinkt, auch wenn HIV/Aids und andere Krankheiten verheerende Auswirkungen auf Gesundheit und soziale Entwicklung vieler Länder haben, und auch wenn die Kluft zwischen Armen und Reichen in der Schweiz und in der Welt zunimmt: Gesundheit für alle ist keine Utopie, sondern eine Notwendigkeit – und darüber hinaus ein realistisches Ziel. Dies war der erstaunliche Konsens der bahnbrechenden internationalen Basisgesundheitskonferenz von Alma Ata im Jahr 1978, an welcher die versammelten Staaten und Organisationen erklärten, die Gesundheit aller Menschen schützen und fördern zu wollen. Und davon sind wir auch heute noch überzeugt. Doch um der globalen Gesundheitskrise zu begegnen, müssen wir auf allen Ebenen ansetzen – individuell und in der Gemeinschaft, national, regional und global und in allen Bereichen. Das von den Mitglieder des Netzwerks Medicus Mundi Schweiz erarbeitete und unterzeichnete Manifest „Gesundheit für alle – ein realistisches Projekt“ reflektiert den Beitrag schweizerischer Nichtregierungsorganisationen zur Überwindung der globalen Gesundheitskrise und zur Erreichung von Gesundheit für alle. Wir laden Sie ein, das Ziel der Gesundheit für alle mit uns zu teilen und die Tätigkeit der im Netzwerk Medicus Mundi Schweiz zusammengeschlossenen Organisationen zu unterstützen. Wir ermutigen Sie, Ihren eigenen Beitrag zu formulieren – als BürgerIn, als PolitikerIn, als VertreterIn einer Institution, einer Behörde oder eines Unternehmens der Wirtschaft. Wir haben uns auf den Weg zu Gesundheit für alle gemacht, und wir laden Sie ein, uns auf diesem Weg zu begleiten.

Was heisst Gesundheit für alle?

Gesundheit verstehen wir als körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden eines Menschen. Gesundheit steht nicht unmittelbar im Gegensatz zu Krankheit und Gebrechen, denn auch diese sind Teil des menschlichen Lebens.

Gesundheit für alle bedeutet somit, dass alle Menschen gleichermassen ein Recht auf körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden haben – und dass die dazu nötigen Voraussetzungen gegeben sind.

Gesundheit für alle bedeutet insbesondere auch das gleiche Recht aller Menschen auf Zugang zu Leistungen des Gesundheitsbereichs, die ihnen helfen, ihre Gesundheit zu fördern und zu erhalten, Krankheiten vorzubeugen und bestehende Krankheiten und Gebrechen zu behandeln und zu pflegen.

Weshalb Gesundheit für alle?

Gesundheit ist ein unveräusserliches Menschenrecht, universell anerkannt und in internationalen Konventionen festgeschrieben, die für alle Staaten verbindlich sind. In einer Zeit, in der Menschen an vermeidbaren und behandelbaren Krankheiten sterben, in einer Zeit, da Menschen unmündig gehalten, ausgebeutet, erniedrigt und marginalisiert werden, in einer Zeit, in der wir Wachstum und Gewinn mit krank machenden Arbeits- und Lebensbedingungen erkaufen, ist es höchste Zeit, dass wir uns wieder auf das Menschenrecht auf Gesundheit besinnen: „Der Gesundheitszustand einer Gesellschaft ist Spiegelbild ihres Bemühens um Gleichheit und Gerechtigkeit“ (Gesundheitscharta der Menschen, 2000).

Die Förderung und der Schutz der Gesundheit von Menschen ist die Basis jeder ökonomischen und sozialen Entwicklung. Sie trägt bei zu einer besseren Lebensqualität und zum Weltfrieden. „Ein soziales Hauptziel der Regierungen, der internationalen Organisationen und der Gemeinschaft der ganzen Welt sollte sein, dass alle Menschen einen Gesundheitszustand erreichen werden, der es ihnen erlaubt, ein sozial und wirtschaftlich produktives Leben zu führen.“ Diese Kernaussage der Erklärung von Alma Ata aus dem Jahr 1978 wurde in den letzten Jahren durch wissenschaftliche Studien erhärtet und wird heute von internationalen Organisationen einmütig vertreten.

Was sind die Voraussetzungen für Gesundheit für alle?

Gesundheit für alle beginnt und endet nicht im Gesundheitsbereich. Gesundheit wird in erster Linie durch politische, ökonomische und soziale Faktoren und die unmittelbare Lebensumwelt bestimmt. Gesundheit für alle kann nur dort entstehen, wo soziale Gerechtigkeit, eine ökologische nachhaltige Entwicklung und Frieden herrschen. Die Schaffung sozialer Stabilität und Sicherheit, die Überwindung von Armut, der Zugang zu Bildung und Arbeit, zu Trinkwasser und Nahrung, der Kampf gegen Gewalt und Unterdrückung und der Einsatz für die Erhaltung der natürlichen Ressourcen bilden Schlüsselbereiche zur Erreichung von Gesundheit für alle. Gesundheit für alle ist somit eine politische, soziale und ökonomische Herausforderung an die einzelnen Staaten und Gemeinschaften, aber auch an eine schon längst notwendige „Weltinnenpolitik“.

Gesundheit für alle beginnt mit den Menschen. Wenn die Menschen ihre Talente und Fähigkeiten frei entfalten können, um sich gegenseitig zu bereichern, wenn sie und ihre Gemeinschaften und Organisationen befähigt sind, Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen und ihre Zukunft gemeinsam selbst zu bestimmen, dann können sie auch ihre Prioritäten im Gesundheitsbereich formulieren, ihre Rechte einfordern und sich aktiv an der Gestaltung der gesundheitsbestimmenden Bereiche ihres Lebens sowie der Gesundheitsversorgung beteiligen.

Gesundheit ist keine Ware. Gesundheitsleistungen sind heute in vielen Ländern schwerer zugänglich geworden und ungleichmässiger verteilt, dazu wer-den sie unter Budget- und Deregulierungszwängen abgebaut. Doch darf Ge-sundheit keine Ware sein, die sich nur die Reichen leisten können. Die Regie-rungen und die Weltgemeinschaft haben die grundlegende Pflicht, den allge-meinen Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung si-cherzustellen, die den Bedürfnissen der Menschen gerecht wird und nicht von ihren finanziellen Möglichkeiten abhängen darf.

Weshalb ist Gesundheit für alle ein realistisches Projekt?

... weil in jahrzehntelangen Bemühungen um die Verbesserung der Gesundheit der Menschen und im Kampf gegen Krankheiten bereits beachtliche Erfolge erreicht wurden wie etwa die Schaffung vieler funktionierender lokaler Gesundheitsstrukturen, die Ausrottung der Pocken und die verbreitete Nutzung moderner Methoden der Familienplanung. Gesundheit für alle ist realistisch, wenn aus diesen punktuellen Erfolgen der Mut entsteht, Neues und Grösseres zu wagen.

... weil sowohl in der Organisation des Gesundheitswesens wie auch im Kampf gegen einzelne Krankheiten bereits ein reicher Wissensschatz und viele bewährte Methoden und Mittel vorhanden sind. Gesundheit für alle ist realistisch, wenn den alten und neuen Herausforderungen mit neuem Wissen und weiterentwickelten Methoden und Mitteln begegnet wird, wenn dieses Wissen und diese Werkzeuge mit allen, die sie benötigen, geteilt werden, und wenn die Menschen und ihre Gesundheitsstrukturen befähigt werden, sie auch sinnvoll und richtig anzuwenden.

... weil es Staaten und Gesellschaften gibt, die sich unter schwierigsten Bedingungen auf den Weg gemacht haben, ihr Gesundheitswesen zu reformieren und auf die Bedürfnisse der Ärmsten und Benachteiligten auszurichten. Gesundheit für alle ist realistisch, wenn sich alle Staaten auf diesen Weg begeben und dabei von der internationalen Gemeinschaft unterstützt werden.

... weil weltweit, aber auch in vielen Staaten, das Geld für Investitionen in funktionierende Gesundheitsstrukturen und für Programme der Gesundheitsförderung, Prävention und Behandlung von Krankheiten ja eigentlich vorhanden ist. Gesundheit für alle ist realistisch, wenn die internationale Gemeinschaft, die einzelnen Staaten und die verschiedene Akteure des Gesundheitssystems die Prioritäten richtig setzen und die notwendigen Mittel im Gesundheitsbereich investieren.

... weil Fortschritte in anderen Sektoren, wie etwa der Alphabetisierung und der Wasserversorgung, ebenso wie die allgemeine gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung in vielen Ländern bereits zu wesentlichen Verbesserungen der Gesundheit der Menschen geführt haben. Gesundheit für alle ist realistisch, wenn wir erreichen, dass soziale, politische und wirtschaftliche Entwicklung allen Menschen gleichberechtigt zukommt.

... weil sich auch bei uns die Erkenntnis durchsetzen wird, dass es in der globalisierten Welt auch denjenigen besser geht, denen es gut geht, wenn es denjenigen besser geht, denen es schlecht geht. Gesundheit für alle ist realistisch, wenn wir diese Erkenntnis in Taten umsetzen – dort, wo wir selbst etwas bewegen können.

Welchen Beitrag leisten die Mitglieder des Netzwerks Medicus Mundi Schweiz an Gesundheit für alle?

Wir arbeiten mit Menschen und Gemeinschaften zusammen – und ergreifen Partei für die Ärmsten und Benachteiligten

Unser Engagement orientiert sich an den Bedürfnissen und Perspektiven der ärmeren und marginalisierten Gesellschaftsschichten und nimmt für sie Partei: für Frauen, Kinder, Landlose, Menschen mit Behinderungen, MigrantInnen und andere.

Die Partizipation der lokalen Bevölkerung, der Gemeinschaften und Basisorganisationen an der Formulierung von Prioritäten und Strategien im Gesundheitsbereich ist für uns deshalb ein grundlegendes Prinzip, ebenso wie die aktive Beteiligung der Gemeinschaften an der Verwaltung und Kontrolle der sie betreffenden Gesundheitsstrukturen.

Das Empowerment von Menschen und Gemeinschaften ist ein zentraler Aspekt in unserem Bemühen um Gesundheit für alle, damit sie nicht nur vorhandene Gesundheitsdienste nutzen können, sondern auch ihre Gesundheit in die eigene Hand nehmen und ihre Prioritäten gemeinsam definieren und einfordern können. Programme zur Gesundheitsförderung werden daher ergänzt und begleitet von Programmen zur Befähigung der Menschen, mehr Selbstbestimmung über das eigene Leben zu gewinnen, ihre Kompetenzen und ihre allgemeinen Lebensumstände zu verbessern.

Lokale Initiativen und Organisationen werden von uns in Entwicklung und Aufbau demokratischer und effektiver Strukturen unterstützt und begleitet, um den Einbezug von Menschen und Gemeinschaften in öffentliche Entschei-dungsprozesse zu fördern und zu unterstützen.

Um sicherzustellen, dass die spezifischen gesundheitlichen Bedürfnisse von Frauen und von Männern, unterschiedliche Vulnerabilitäten und Begrenzun-gen im Zugang zu Gesundheit berücksichtigt werden, verfolgen wir einen genderspezifischen Ansatz. Wo notwendig, legen wir in den Programmen und in der Politik ein besonderes Augenmerk auf die Anliegen von Frauen und stärken sie darin, gleichberechtigten Zugang zu Leistungen im Gesundheits- und in anderen Schlüsselbereichen zu erlangen.

Wir setzen in unserer Arbeit Akzente – und halten die Augen offen für das Ganze

Die meisten Mitglieder des Netzwerks Medicus Mundi Schweiz sind nicht-staatliche Organisationen, die in der Regel mit nichtstaatlichen Partnern und Selbsthilfeorganisationen zusammenarbeiten. Doch beide Regeln haben Ausnahmen, die das Netzwerk bereichern.

Im Gesundheitsbereich legen wir, auch in einer realistischen Einschätzung der Wirkungs- und Einflussmöglichkeiten nichtstaatlicher Organisationen, den Akzent auf die Unterstützung von Strukturen und Programmen der Basisgesundheit: „Primäre Gesundheitsversorgung bringt die Gesundheitsversorgung so nahe wie möglich an den Ort, an dem Menschen leben und arbeiten, und bildet das erste Glied in der Kette eines kontinuierlichen Ablaufs der Gesundheitsversorgung.“ (Erklärung von Alma Ata)

Einzelne Organisationen leisten auch ausserhalb der primären Gesundheitsversorgung in Bereichen wie der Forschung, der Verwaltung grösserer Gesundheitsstrukturen oder der Bekämpfung einzelner Krankheiten wichtige und spezifische Beiträge zur Gesundheit für alle.

Jede Organisation bemüht sich an ihrem spezifischen Tätigkeitsort, Gesundheit aufgrund ihrer Vielschichtigkeit systemisch zu sehen, und anerkennt, dass Gesundheitsförderung, Prävention, Behandlung und Pflege sich ergänzende und gegenseitig bedingende Elemente einer funktionierenden Gesundheitsversorgung darstellen.

Die Mittel der medizinischen Technologie können das Angebot der Basisgesundheitsversorgung wirksam ergänzen. Der gezielte Einsatz von moderner Medizinaltechnik kann auch in Gesellschaften mit sehr knappen Ressourcen sinnvoll sein. Voraussetzung für den wirkungsvollen Einsatz von Medizinaltechnik sind die Ausrichtung der Leistungen auf die tatsächlichen Bedürfnisse der armen Bevölkerungsschichten und die Schaffung von Rahmenbedingungen, welche den gleichberechtigten Zugang für alle sichern.

Die Gesundheitszusammenarbeit beginnt und endet nicht im Gesundheitsbereich, sondern beruht auf dem intensiven Austausch mit den anderen Sektoren der internationalen Zusammenarbeit (Umwelt, Bildung, Wirtschaft, Transport, soziale Sicherheit, Energie etc.). Gesundheit beeinflusst alle Lebensbereiche – und alle Lebensbereiche beeinflussen die Gesundheit: „Mainstreaming Health“ ist wohl die aktuelle Formel für unser Bemühen, diese grundlegende Erkenntnis in der Praxis umzusetzen und dafür Verbündete zu finden.

Wir schaffen keine Inseln der Rettung, sondern unterstützen nachhaltige und vernetzte Strukturen im Rahmen einer nationalen Gesundheitspolitik

Der strukturelle Kontext ist für ein nachhaltiges Engagement in der Gesundheitsversorgung von zentraler Bedeutung. Die von uns unterstützten Gesundheitsprojekte fragen deshalb nach den vorhandenen lokalen, regionalen und nationalen Strukturen des Gesundheitssystems. Sie zeigen explizit die Grenzen auf, welche ihnen durch das Fehlen der nötigen Strukturen gesetzt sind, verweisen aber auch auf die Chancen, welche durch die Verbesserung der bestehenden Strukturen entstehen können. Projekte im Bereich der Gesundheit unterstützen die Anstrengungen der Bevölkerung, nachhaltige und effektive Strukturen aufzubauen, erfolgreiche Projekte zu multiplizieren und neuen Initiativen zum Durchbruch zu verhelfen.

Gesundheitsprojekte dürfen kein billiger Ersatz sein für Leistungen und Ressourcen, die einer Bevölkerung von ihrer Regierung aus politischen und ökonomischen Gründen oder von aussen induzierten Sachzwängen vorenthalten werden. Sie zeigen gangbare Wege einer Gesundheitsversorgung mit gleichberechtigtem Zugang für alle, und sie fordern die Erhaltung beziehungsweise Schaffung von staatlichen oder nichtstaatlichen Strukturen, welche eine nachhaltige Gesundheitsversorgung garantieren. Sie unterstützen die Initiativen der Bevölkerung, die lokalen, regionalen und nationalen Behörden auf ihre Gesamtverantwortung zu verpflichten oder Dezentralisierung und Reformen zu bekämpfen, wo diese letztlich zum Verschwinden notwendiger staatlichen Leistungen führen. Gesundheit für alle als unveräusserliches Menschenrecht bedingt eine verlässliche, kalkulierbare Gesundheitsversorgung. Auch die von uns unterstützten nichtstaatlichen Strukturen sind der Gemeinnützigkeit verpflichtet und lassen keine Privatisierungen mit merkantilem Charakter zu.

Wir reflektieren unsere eigene Arbeit – und erfinden das Rad nicht immer wieder neu

Die von einzelnen Organisationen realisierten Projekte bieten zahlreiche Möglichkeiten, von anderen zu lernen und an ihren Erkenntnissen teilzuhaben.

Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte, unterschiedlicher Strategien und Konkurrenz auf dem Spendenmarkt wollen wir unser Wissen gemeinsam weiter entwickeln. Dafür treffen wir uns regelmässig und stellen Plattformen zur Reflexion unserer Arbeit zur Verfügung, die allen Beteiligten offen stehen. Diese Anlässe bieten uns auch Gelegenheit zu diskutieren, neue Ideen zu verabschieden, uns über neueste Entwicklungen zu informieren und unsere Tätigkeit einem breiten Publikum vorzustellen.

Wir tauschen unsere Erfahrungen aus und bilden so ein Sammelbecken erfolgreicher Beispiele aus der Praxis, ein kollektives Gedächtnis, das auf formeller wie informeller Ebene transparent funktioniert.

Zu unserem Austausch gehört auch die Teilhabe an den Methoden der ande-ren. Sie erlaubt uns, besser zu verstehen, wie den Bedürfnisse der Ärmsten begegnet werden kann. Wir versuchen, Faktoren und Komponenten festzuma-chen, die zum Erfolg oder Scheitern einer Initiative oder eines Engagements beigetragen haben. Wir vergleichen unsere Ansätze, benennen Gefahren und Hindernisse, die der Realisierung eines Projektes im Weg stehen, und ziehen daraus unsere Schlussfolgerungen. Denn es hat sich gezeigt, dass ein striktes, verlässliches Projektmanagement die beste Gewähr dafür bietet, dass die uns anvertrauten Mittel denen zugute kommen, für die sie bestimmt sind, und dass sie möglichst rational eingesetzt werden.

Wir verpflichten uns, weiterhin gemeinsam den geeigneten Einsatz unserer Ressourcen zu reflektieren. Denn wir können es uns nicht leisten, Mittel zu verschwenden oder uns zu verzetteln, wenn wir unser Ziel der Gesundheit für alle erreichen wollen. Unsere Entscheide müssen auf einer stichhaltigen Grundlage getroffen werden, wenn wir gewährleisten wollen, dass wirksame Massnahmen im Sinne des Wohls der Bedürftigsten ergriffen werden.

Die Schweiz ist in der internationalen Zusammenarbeit keine einsame Insel. Die Mitglieder des Netzwerks Medicus Mundi Schweiz bemühen sich, mit Organisationen und Verbänden anderer Länder, die unsere Anliegen teilen, enge Beziehungen zu unterhalten. Dieser Austausch erhöht die globale Bedeu-tung unsere Aktivitäten. Die internationale Vernetzung verbessert unsere Fähigkeit, die Interessen derer zu verteidigen, die leiden müssen, weil die menschliche Gesellschaft ihnen das Recht auf den Zugang zu Gesundheitspflege und -dienstleistungen nicht gewährt.

Wir arbeiten in der Welt – und wollen in der Schweiz Einfluss nehmen

In einer globalisierten Welt können die von schweizerischen Organisationen im Ausland erbrachten Anstrengungen zur Verbesserung der Gesundheit armer und benachteiligter Bevölkerungen missverstanden werden: als Alibiübung, als humanitärer Mantel einer sonst harten und inhuman agierenden Schweiz, als die eine Hand, die weniger gibt als das, was die andere Hand bereits weggenommen hat.

Wir gelangen deshalb mit der politischen Forderung nach Gesundheit für alle an die Behörden, an die Wirtschaft, an die Öffentlichkeit und versuchen im Rahmen unserer Möglichkeiten, Einfluss auf die Aussen-, Entwicklungs-, Menschenrechts- und Wirtschaftspolitik der Schweiz zu nehmen.

Wir wollen der Öffentlichkeit ein klares Bild der Notwendigkeit und Dringlichkeit unseres Engagements vermitteln. Wir berichten in einer differenzierten Weise über die Themen der internationalen Gesundheit und mobilisieren nicht nur Goodwill und Geld für unsere eigene Arbeit, sondern auch kritisches Bewusstsein.

Wir bauen, wo es möglich ist, Brücken zwischen der internationalen Gesund-heit und der Schweiz. Und wir fordern Gesundheit für alle auch für alle Menschen, die in der Schweiz leben.

Gesundheit für alle - kein hoffnungsloser Fall!

Das vorliegende Manifest „Gesundheit für alle – ein realistisches Projekt“ will die Mitglieder des Netzwerks Medicus Mundi Schweiz ermutigen, ihre Arbeit als Beitrag zum gemeinsamen Ziel wahrzunehmen und sich an der kontinuierlichen Auseinandersetzung mit dem Beitrag der Schweiz zur Erreichung von Gesundheit für alle zu beteiligen.

Unsere Arbeit beruht auf einer Einsicht, die sich aus jahrelangen Erfahrungen mit Erfolgen und Rückschlägen der Gesundheitszusammenarbeit ergeben hat: Die Verbesserung der Gesundheit benachteiligter Bevölkerung ist ein realistisches Projekt. Die globale Gesundheitskrise kann überwunden werden.

Wir sind davon überzeugt, dass es sich lohnt, in die internationale Gesundheitszusammenarbeit zu investieren, und setzen mit unserer Arbeit ein Zeichen gegen die Resignation.

Basel, 3. November 2004

Die Mitglieder des Netzwerks
Medicus Mundi Schweiz

Die 41 Mitglieder des Netzwerks Medicus Mundi Schweiz: Aids-Hilfe Schweiz; AIDS & KIND; AO International; Association Suisse Raoul Follereau; Basler Förderverein für medizinische Zusammenarbeit; Bündner Partnerschaft Hôpital Albert Schweizer, Haïti; Calcutta Project; CBM Christoffel Blinden-Mission (Schweiz); CO-OPERAID; DM – Echange et Mission; Fondation Sociale Suisse du Nord Cameroun; Fondation Suisse pour la Santé Mondiale; Förderverein für Otorhinolaryngologie; Freunde Behindertenintegration Kamerun; Gemeinschaft der St. Anna Schwestern; GRUHU; Gruppe für Entwicklungszusammenarbeit Basel; Hilfsverein für das Albert Schweitzer-Spital Lambarene; IAMANEH Schweiz; Institut Universitaire d'Etudes du Développement; INTERTEAM; JURA-AFRIQUE, Programme Santé; Kinderhilfe Bethlehem; Leprahilfe Emmaus Schweiz; Lungenliga Schweiz; medico international schweiz; mediCuba-Suisse; mission 21; Novartis Stiftung für Nachhaltige Entwicklung; Schweizerische Gesellschaft für Tropenmedizin und Parasitologie; Schweizer Indianerhilfe; Schweizerische Stiftung für sexuelle und reproduktive Gesundheit PLANeS; Schweizerisches Korps für humanitäre Hilfe SKH; Schweizerisches Rotes Kreuz; Schweizerisches Tropeninstitut; Schweizerische Vereinigung für Orthopädie in Tansania; Secours Dentaire International; SolidarMed; Stiftung Terre des Hommes; Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH*; Verein Partnerschaft Kinderspitäler Biel-Haiti (*Das Manifest wird von der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH nicht mitunterzeichnet)

Referenzdokumente:

Erklärung von Alma Ata (1978)
http://www.who.int/hpr/NPH/docs/declaration_almaata.pdf (englisch)

Ottawa Charta der Gesundheitsförderung (1986)
http://www.who.int/hpr/NPH/docs/ottawa_charter_hp.pdf (englisch)

Gesundheitscharta der Menschen (2000)
http://www.medico-international.de/material/downloads/gesundheitscharta.pdf