Von Lorenz Indermühle
Jeder Mensch hat das Recht auf Gesundheit – auch die ärmsten und am meisten vernachlässigten Bevölkerungsgruppen der Welt. Während die Stärkung der Gesundheitssysteme als relevant anerkannt ist und von vielen Organisationen und Ländern unterstützt wird, fehlt es vielerorts an der spezifischen Unterstützung zur Bekämpfung von vernachlässigten Tropenkrankheiten. Die WHO ist bestrebt, das Engagement zu fördern. Folgt auch die Schweiz dem Aufruf?
Die vernachlässigten Tropenkrankheiten sind eine Gruppe von 20 unterschiedlichen Krankheiten, die vor allem in tropischen Gebieten vorkommen. Davon betroffen sind insbesondere die ärmsten Gemeinschaften und unverhältnismässig mehr Frauen und Mädchen. Die gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Familien sind gross. Viele dieser Krankheiten werden durch Vektoren übertragen und haben tierische Reservoirs. Andere, wie beispielsweise die Frambösie, werden von Mensch zu Mensch übertragen.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich dem Thema angenommen und eine Roadmap für die Kontrolle, die Prävention und die Eliminierung von vernachlässigten Tropenkrankheiten definiert (WHO, 2021). Seither fanden globale Treffen statt und viele Länder des Südens folgen in ihren Ansätzen der Roadmap. So auch die Länder der Zentralafrikanischen Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft (CEMAC).
Die CEMAC hat – mit Hilfe Deutscher Entwicklungsgelder – die Organisation für die Koordination der Bekämpfung endemischer Krankheiten in Zentral Afrika (OCEAC) beauftragt, die vernachlässigten Tropenkrankheiten in der Region Zentral Afrikas gemeinsam mit den Gesundheitsministerien der betroffenen Länder zu bekämpfen. FAIRMED bietet dazu die technische Hilfe und Unterstützung.
Während die Stärkung der Gesundheitssysteme als relevant anerkannt ist und von vielen Organisationen und Ländern unterstützt wird, fehlt es vielerorts an der spezifischen Unterstützung zur Bekämpfung von vernachlässigten Tropenkrankheiten. Die WHO ist bestrebt, das Engagement zu fördern. Folgt auch die Schweiz dem Aufruf?
Am Beispiel der Frambösie kann gezeigt werden, wie eine belastende Krankheit mit gezieltem Einsatz effizient bekämpft werden kann. Frambösie ist eine ansteckende Krankheit, die zu Bläschen und Geschwüren auf der Haut und zu offenen Wunden führt. Die indigenen Bevölkerungsgruppen der Baka- und Aka-Stämme aus den Urwaldregionen Zentralafrikas sind am meisten davon betroffen. Frambösie kann durch die Verabreichung einer Einzeldosis eines Antibiotikums (Azithromycin) behandelt werden. Vier Wochen nach der Behandlung sind alle Wunden verheilt und die Betroffenen können wieder ein normales Leben führen.
In Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden von drei Ländern (Republik Kongo, Kamerun, Zentralafrikanische Republik) wurden nach der Planung vorerst 800 Gesundheitsmitarbeitende und 7000 Freiwillige für die Sensibilisierung und Abgabe der Medikamente ausgebildet. Die Koordination und die Logistik für den Import für die von der WHO und Pharma-Industrie zur Verfügung gestellten 4.5 Millionen Azithromycin-Tabletten wurde ebenfalls von FAIRMED mitorganisiert.
Mich hat am meisten beeindruckt, dass Frambösie mit nur einer einzigen Dosis Antibiotika geheilt werden kann und die Betroffenen nach vier Wochen keine offenen Wunden mehr haben. Ich wünsche mir, dass interessierte Regierungen der betroffenen Regionen Asiens und Afrikas weiter gezielt von Regierungen wie der Schweiz unterstützt werden.
Niederschwellige Sensibilisierungskampagnen informierten die Baka- und Aka-Stämme über die Aktivitäten der Gesundheitsorganisationen und die Wirkung der Medikamente. Dabei wurden Animationsgruppen einbezogen und die Poster- und Radioinformationen wurden in der lokalen Sprache durchgeführt.
So kamen bei den Kampagnen in den drei Ländern im Jahr 2022 rund 1,5 Millionen Betroffene zusammen, die alle gegen Frambösie behandelt werden konnten. Zudem wurden auch andere Hautkrankheiten wie Krätze, Buruli oder Lepra entdeckt und behandelt. Eine weitere Azithromycin-Behandlung und Beobachtung folgt der ersten.
Eine solch komplexe Kampagne kann nur durchgeführt werden, wenn die Richtlinie der WHO in Form der Roadmap existiert, die Regierungen den Willen und das Interesse haben und wenn die Internationale Zusammenarbeit die Organisation finanziell unterstützt, wie im beschriebenen Fall die Deutsche Regierung.
Die Schweiz ist dabei, die neue Botschaft für die Internationale Zusammenarbeit 2025-28 zu verabschieden. Dabei ist besonders erfreulich, dass Gesundheit eine wichtige Komponente darstellt und das Recht auf Gesundheit anerkannt wird. Da vernachlässigte Tropenkrankheiten vor allem die ärmsten Menschen und oft auch in den ärmsten Ländern betreffen, wäre eine Fokussierung auf diese Länder wichtig, bevor die Unterstützung der Schwellenländer weiter ausgebaut wird. Darüber hinaus könnte die Schweiz ihr Engagement im Kampf gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten verstärken, um endemische Länder dabei zu unterstützen, die Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030 zu erreichen.
Mich hat am meisten beeindruckt, dass Frambösie mit nur einer einzigen Dosis Antibiotika geheilt werden kann und die Betroffenen nach vier Wochen keine offenen Wunden mehr haben. Ich wünsche mir, dass interessierte Regierungen der betroffenen Regionen Asiens und Afrikas weiter gezielt von Regierungen wie der Schweiz unterstützt werden.
Eine solch komplexe Kampagne kann nur durchgeführt werden, wenn die Richtlinie der WHO in Form der Roadmap existiert, die Regierungen den Willen und das Interesse haben und wenn die Internationale Zusammenarbeit die Organisation finanziell unterstützt.
Ending the neglect to attain the Sustainable Development Goals: A road map for neglected tropical diseases 2021−2030
Die WHO-Roadmap enthält globale Ziele und Meilensteine für die Verhütung, Kontrolle, Beendigung oder Ausrottung von 20 Krankheiten und Krankheitsgruppen sowie transversale Ziele, die auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung abgestimmt sind. Drei Grundpfeiler werden die globalen Anstrengungen zur Erreichung der Ziele unterstützen: Beschleunigung der programmatischen Massnahmen, Intensivierung der sektorübergreifenden Ansätze und Veränderung der Betriebsmodelle und der Kultur, um die Eigenverantwortung der Länder zu fördern.