Tuberkulose – tut endlich etwas Mutiges!
Foto von Sian Labay auf Unsplash

TB – ein paar globale Fakten

  • Global erkranken jedes Jahr über 10 Millionen Menschen an TB; 2020 waren es 10,1 Millionen Menschen, 2021 dann 10,6 Millionen Menschen (Inzidenz; WHO Schätzungen). Und 1,6 Millionen Menschen starben an TB im Jahr 2021.
  • Von den 10,6 Millionen Erkrankten waren 6 Millionen Männer, 3,4 Millionen Frauen und 1,2 Millionen Kinder.
  • Von den 10,6 Millionen Erkrankten wurden nur 6,4 Millionen diagnostiziert und gemeldet (60%). Benachteiligte verarmte Bevölkerungsteile haben grosse Mühe, ein gut funktionierendes Gesundheitssystem zu finden. Weitere Gründe für das Unentdecktbleiben sind, dass nicht alle Erkrankte Symptome aufweisen und sich deshalb nicht testen lassen und dass falsch-negative Tests vorkommen.
  • Im Jahr 2021 entwickelten weltweit ca. 450'000 Menschen multi-resistente TB (die beiden wichtigsten Medikamente wirken nicht mehr). Nur rund ein Drittel von ihnen erhielt eine angemessene Behandlung, was bedeutet, dass mehrere Medikamente für 9 bis 20 Monate eingenommen werden müssen.
  • Allerdings gibt es im Kampf gegen die multi-resistente TB Fortschritte zu vermelden; zum Beispiel eine neu entwickelte Behandlung, die nur noch 6 Monate dauert. Verschiedene Länder haben begonnen, dieses neue Behandlungsschema einzusetzen.
  • Weltweit sehen sich 48% der Haushalte, bei denen ein TB-Fall auftritt, mit katastrophalen Unkosten konfrontiert: Sie erleiden einen finanziellen Verlust, der mehr als 20% des Haushaltseinkommens beträgt: TB-verbundene Ausgaben und Einbussen vom Erwerbseinkommen.
  • Weltweit wurden für 2022 ca. 13 Milliarden US Dollars benötigt, um der Tuberkulose-Pandemie adäquat entgegenzutreten (für Diagnose, Behandlung, Betreuung und Prävention). Dieser Betrag steigt für die Jahre 2023 bis 2030 voraussichtlich auf 19,6 Mrd. pro Jahr. Im Jahr 2021 standen aber nur 5,4 Mrd. Dollar zur Verfügung.
  • Für die TB-Forschung werden für die kommenden Jahre 5 Milliarden Dollar pro Jahr benötigt. Während der letzten drei Jahre wurden aber jeweils nur etwa 0,9 Milliarden pro Jahr ausgegeben.
Im Jahr 2021 entwickelten weltweit ca. 450'000 Menschen multi-resistente TB (die beiden wichtigsten Medikamente wirken nicht mehr). Nur rund ein Drittel von ihnen erhielt eine angemessene Behandlung.
  • Bis Ende 2021 wurden mehr als 100 Mrd. Dollar für die Entwicklung von COVID-19 Impfungen ausgegeben. Für die Entwicklung einer neuen TB-Impfung (die existierende Impfung BCG schützt nur sehr mässig) wurden im Jahr 2021 nur 0,1 Mrd. Dollar ausgegeben.
  • Die unmittelbare Ursache für die Verbreitung von TB ist v.a. die Tatsache, dass viele TB Patient:innen ansteckend sind und während Monaten husten, bevor sie die nötigen TB Medikamente erhalten (welche die Übertragung in der Regel innerhalb von Tagen stoppt). Tiefer liegende Ursachen für eine TB-Erkrankung sind v.a. schlechte Ernährung, HIV-Infektion und Alkoholmissbrauch; die WHO stellt es folgendermassen dar:
Quelle: Global tuberculosis report 2022. Geneva: World Health Organization; 2022. Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO. <br>
Quelle: Global tuberculosis report 2022. Geneva: World Health Organization; 2022. Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO.


TB in der Schweiz

  • In der Schweiz erkrankten im Jahr 2021 ca. 410 Menschen, auf den Philippinen ca. 740'000 Menschen an TB. Wenn man die Bevölkerungsgrösse berücksichtigt, stellt man fest, dass TB auf den Philippinen 140-mal häufiger auftritt als in der Schweiz. Die Philippinen sind das von der TB am stärksten betroffene Land der Erde.
  • Zwischen den Jahren 2013 bis 2018 wurden jährlich zwischen 472 und 608 Fälle gemeldet; danach erfolgte ein abnehmender Trend (siehe Graphik). Zwischen 55% und 63% der gemeldeten Fälle waren männlich, eine für die meisten Länder typische Proportion.
Quelle: BAG 2023. Zugriff von C. Auer am 26.2.2023 (graphische Darstellung von C. Auer)
Quelle: BAG 2023. Zugriff von C. Auer am 26.2.2023 (graphische Darstellung von C. Auer)

Die folgende Grafik zeigt, dass rund drei Viertel der in der Schweiz an TB-Erkrankten im Ausland geboren wurden.


Quelle: TB Symposium vom 24.3.2022: Ekkehardt Altpeter, Bundesamt für Gesundheit
Quelle: TB Symposium vom 24.3.2022: Ekkehardt Altpeter, Bundesamt für Gesundheit


TB und der Kontext

Welche Schritte sind zu tun, um Tuberkulose zu besiegen? Wie oben ersichtlich, muss deutlich mehr Geld in die Forschung und die eigentliche TB-Bekämpfung fliessen. In der Forschung sind dabei öffentlich-private Partnerschaften wichtig. Dies ist vor allem entscheidend, um die Pharmaindustrie zu mobilisieren. Solch eine Partnerschaft hat vor einigen Jahren zur Herstellung des neuen TB-Medikament Pretonamid geführt.

Entscheidend ist auch die Bekämpfung von Armut und damit einhergehend die Bekämpfung von Mangelernährung und des weltweiten Hungers. Dies sind grundlegende Faktoren, wollen wir die Tuberkulose eindämmen – und sie sind nicht nur in Bezug auf TB essentiell. Um dies zu erreichen, müssen entsprechende politische Ziele endlich umgesetzt werden:

  • Alle Länder, gerade auch die ärmeren Länder der Welt, sollten endlich eine höhere Proportion des Staatshaushalts für Gesundheit, Bildung und soziale Absicherung ausgeben.
  • Die wohlhabenden Länder müssen das Ziel der UNO, 0,7 % ihres Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungshilfe auszugeben, erreichen. In der Schweiz lagen diese Ausgaben im Jahr 2021 lediglich bei 0.51% (0,46% wenn man Asylkosten nicht berücksichtigt); in den USA lagen sie gar nur bei 0.2%.
  • Wollen wir im weltweiten Kampf gegen TB und andere Krankheiten ernsthaft Fortschritte machen, müssen wir die komplexen Themenbereiche Armut und Ungerechtigkeit in Angriff nehmen.
Entscheidende Faktoren um die Tuberkulose zu besiegen: Bekämpfung von Armut, Mangelernährung und des weltweiten Hungers.


Das oben erwähnte, vom 21-22. März 2023 am Swiss TPH stattfindende TB-Symposium wird u. a. folgende Themen diskutieren:

  • Stand der TB-Pandemie
  • Neuester Stand der Grundlagen- und angewandten Wissenschaft
  • Fragen des Gesundheitssystems
  • Der Zusammenhang mit der Armut
  • Wie Entscheidungsträger:innen den Fortschritt im Kampf gegen die TB unterstützen können.

Referenzen
Christian Auer
Christian Auer, PhD. Nach Abschluss des Biologiestudiums am Swiss TPH (Diplomarbeit über den Gesundheitszustand und die Gesundheitsdienste in einem Slumgebiet in Manila) und kurzer Arbeit dort, folgten insgesamt 15 Jahre in den Philippinen, zuerst mit einer christlichen NGO (servantsasia.org) und dann v.a. mit einer philippinischen Stiftung, die vom Globalen Fonds (Global Fund To Fight AIDS, Tuberculosis and Malaria) unterstützt war. Seit 2010 Mitarbeiter am Swiss Centre for International Health des Swiss TPH. Email